Ironman Hawaii 2007 – Wie alles passierte ... (wenigstens so ähnlich)

Wir schreiben im Jahr 2006, den Monat September. Roland verbringt mal wieder wochenlang seinen Urlaub in Amerika. Damit er auch sportlich gefordert wird, hat er sein Rennrad mitgenommen und nahm am Ironman Wisconsin teil. Mieses Wetter, aber toller Wettkampf und er hat auch noch so nebenbei die Qualifikation für den Ironman Hawaii ´07 mitgenommen.

Jetzt mußten die Daheim gebliebenen nachziehen. Nach seinem Radunfall in Zürich suchte sich Marc diesmal den schwierigen Kurs auf Lanzarote ´raus. Nach dem Rad lag er noch unter den ersten dreissig und am Schluß fehlten im gerade mal zwei Minuten für die Rechtfertigung eines Urlaubes auf Hawaii gegenüber der Reisekasse. Sven, Amina und Thilo waren wieder in Zürich mit dabei.

Sven hatte leider einen Raddefekt, so daß die Bürde wieder mir aufgelegt wurde, den Franken Roland vor Vulkangöttin Pele zu beschützen.

Gesagt getan. Am Tag danach war ich einige hundert Euro für Startgebühr ärmer und noch war weder Flug noch Unterkunft gesucht und gebucht.

Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Roland mußte sich erst noch im Juli einer Knieoperation unterziehen (wie konnte es bei Ihm anderes sein), bei mir war nach der Regenerationszeit erst einmal einige Wochen die Wohnung durch Verwandte belagert und danach das Wetter einfach nur greulich.

Schließlich war der 3. Oktober gekommen. Aufstehen um halb drei Uhr morgens um dann 26 Stunden im Flugzeug und auf Flughäfen die pausenlosen Debatten der Sitznachbarn über

Trainingsumfänge, Laktatwerte, Energiezufuhr, Kompressionsstrümpfe, Salztabletten, Aerolaufräder, Pulswerte und und und zu ertragen (Was haben die Athleten nur vor ein paar Jahren gemacht, als es das Ganze noch nicht gab?) Endlich war die Kleinstadt Kailua Kona auf der größten Insel Hawaii erreicht. Seit meinem letzten Start im Jahr 2000 hat sich sehr viel verändert. Aus einer verschlafenen Kleinstadt ist ein emsiger Knotenpunkt für die Touristen per Luft, See und Auto geworden. Zum Glück hatten wir unsere Unterkunft am südlichen Ende der Stadt gewählt, so daß wir dort wenigstens ungestört waren. Da wir bereits zehn Tage vor dem Wettkampf angereist sind, hatten wir noch genug Zeit die Reize der Insel zu geniessen. Vulkane, Regenwälder, Lavawüsten, steile Küsten und Sandstrände, Kaffeeplantagen und riesige Viehherden. Aber der Spaß sollte spätestens am 13. Oktober, wenigsten kurz, unterbrochen werden.

Kurz vor dem Start treffe ich im Radpark Quai Roland nochmals. Unsere zwei Principia-Boliden waren einfach der Hingucker (Die meisten der Starter hatten wohl noch nie Räder aus Metall gesehen).

Um 6:45 werden die Pros auf die Strecke geschickt und wir Agegrouper – Bratwürschte müssen warten bis der „Star spangeled Banner“ endlich gesungen ist (Wieso hat Jimmy die nicht alle verbrannt?). Sobald die Sonne hinter dem Hualalai hervorkommt, geht es auf die 3,8 km lange Schwimmstrecke. 3800 Arme bringen das Salzwasser zum kochen. Das bedeutet: Erstmal ganz ruhig und ganz links außen losschwimmen. Naja, so ruhig hätte es auch nicht sein sollen. Nach 1:10 steige ich zusammen mit Roland auf das Rad, wir halten noch einen kurzen Smalltalk und ab geht es auf die Strecke.

Die ersten 10 Meilen der 180 km langen Radstrecke gehen in einem Zickzackkurs durch den Ort bis es dann raus in die Hitze in Richtung Hawi geht. Ab hier ist mit vorsichtigem Anfangen nichts mehr drin. Die Zuschauer wollen Action sehen. Die Palani-Road ´runter, einen langgezogenen Berg hoch und das Ganze wieder zurück. Schon ist der Spuk in Kona vorbei. Auf dem Queen K. Highway heißt es jetzt erstmal aufpassen. Noch gibt es viele Gruppen, die die Regeln nicht sonderlich ernst nehmen. Doch die Race-Marshals verstehen keinen Spaß und verteilen jede Menge Zeitstrafen, die dann sofort in einer von vier Penalty-Boxen abgesessen werden müssen.

Nach 40 km hat sich das schlimmste Gedränge aufgelöst und es wird Zeit für den nächsten Programmpunkt. Langsam wird es heißer und der Gegenwind immer stärker. Auf der einzigen, längeren Steigung zum Wendepunkt nach Hawi, dem kleinen Farmer- und Ökofreakörtchen, bläst der Wind böig von der Seite, so daß man Mühe hat auf der richtigen Straßenseite zu fahren. Es sind zwar nur ein paar hundert Höhenmeter, die hier auf 15 Meilen zu bewältigen sind, aber an das große, dicke Blatt ist bei mir nicht mehr zu denken. Dafür bläst es einen zurück nach Kawaihae hinunter. Das Problem ist dabei: nur nicht zu stürzen. Ab hier sind es dann nur noch so 60 km. Leider halt auch wieder mit Gegenwind. (Das große Blatt hätte ich mir eigentlich aus Gewichtsgründen sparen können).

Nach 5 ½ h bin ich wieder in der Wechselzone, jetzt steht nur noch der Marathon an.

Die ersten 15 km des Marathons sind ganz abwechslungsreich. Es handelt sich um eine Wendepunktstrecke auf dem Alii´-Drive, an dem sich fast alle Hotels und Cafés befinden. Die vielen Zuschauern feuern einen kräftig an (lookin´ good) und am Ende glaubt jeder, daß man unheimlich gut aussieht. Zweimal kann ich Roland erkennen. Trotz Bandagen sieht er wirklich gut aus.

Nach dem Anstieg der Palani-Road ist es erst mal mit der Abwechslung vorbei. Jetzt geht es auf dem Highway Richtung Flughafen. Also Augen zu und durch. Kurz vor dem Flughafen links ´ zum EnergyLab runter und das ganze wieder zurück. Diese 20 km lange Strecke ist hier ohne Zuschauer, auf einer gesperrten breiten Autobahn. Sehr aufregend. Wenigstens machen die Volunteers in den Verpflegungsständen tolle Stimmung.

Die letzten zwei Meilen dagegen sind unbeschreiblich. Sobald der Ort wieder erreicht ist, fangen die Beine an zu fliegen. Die Zuschauer applaudieren uns zu und die Sprecher im Ziel ist auch schon zu hören. Zum Denken ist jetzt keine Zeit. Das muss man dann einfach genießen. Und das habe ich. 620 Minuten war ich unterwegs und es hat immer Spaß gemacht. Nach 13 Langdistanzen und nun drei Hawaiistarts ist die Platzierung und Zeit einfach nicht mehr wichtig.

Seit meinen zwei Starts (1997 und 2000) hat sich hier einiges getan. Die Lockerheit, die Coolness, das Abenteuer ist verloren gegangen.

Hawaii liegt nicht mehr am anderen Ende der Welt. Den ganzen Tag über starren Triathleten im Lava Java in Ihre Notebooks (vielleicht schauen sie sich Bilder an, wie schön es hier ist?).

Die Profis machen sich rar und meiden den Kontakt mit den Agegroupern, die wiederum auch noch um die hintersten Plätze verbissen kämpfen. Die Materialschlacht ist noch extremer geworden. Somit konnten Roland und Ich uns wenigstens etwas abheben.

Aber das ist wohl der Lauf der Zeit und die dritte Generation macht sich daran Hawaii neu zu definieren.

Nichtsdestotrotz will ich nicht sagen, daß es das jetzt endgültig war. Es macht einfach zuviel Spaß. Vielleicht nimmt sich jemand das Projekt ZwanzigZehn vor und kann mich dann überzeugen, und dann nehm ich wieder mein Principia ...

 

Thilo (in Vertretung von Roland)